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"Oplégr" heisst der "Nachkomme"

Uwe Müller, Prager Zeitung 11. èervence 2007
 

Wörterbuch der tschechischen Umgangssprache mit 12 000 Schlagwörtern erschienen

Bis heute lassen sich in der tschechischen Sprache zahlreiche Spuren finden, die den intensiven Einfluss des Deutschen dokumentieren und deutlich machen, wie nah sich kulturell beide Völker bis Ende der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts in den böhmischen Ländern gekommen waren. "Lajblík" wird das "Unterhemd" oder "Leibel" genannt, "oplégr" der "Ableger" oder "Nachkomme", "élend" das "Elend". Eigentlich sind das Zeugen für das gute Auskommen von Tschechen und Deutschen miteinander. Einzug fand das Deutsche in der tagtäglichen Umgangsprache: Die einfachen Leute beider „Zunge“ verständigten sich so ohne viele Umstände, der Arbeiter mit dem Bäcker, die Waschfrau mit dem Klempnerlehrling, der Rekrut mit dem Gastwirt und der Student mit der Vermieterfamilie.

Auch wenn der derart intensive Austausch mit dem Deutschen seit Mitte des 20. Jahrhunderts fehlt, kennt der aktive Wortschatz des Tschechischen noch viele Wörter, deren Verwandtschaft zum Deutschen unverkennbar ist. Zugleich setzt sich aber auch in der Umgangssprache der Trend zum Englischen durch. So wird das traditionelle umgangssprachliche „helfnout“ (für „helfen“, korrekt: „pomoci“) zunehmend verdrängt von „helpnout“. Das haben die Autoren des „Slovník nespisovné èeštiny“ (Wörterbuch der tschechischen Umgangssprache) bei ihrer umfangreichen Recherchearbeit festgestellt. Zu der aber weiter unten, zuvor ein Wort zur Bedeutung des Wörterbuchs.

Dessen Autoren haben einen im offiziellen Bewusstsein weitgehend vergessenen Sprachschatz gehoben: 12 000 Schlagwörter wurden zusammen getragen mit annähernd 15 000 Bedeutungen, die Wörter entstammen dem Slang, der Umgangssprache, dem Jargon von Kriminellen und Zuhältern aber auch traditionellen Dialekten oder dem für Brünn und Ostrau typischen Stadtslang. Weit über 80 Prozent der Wörter (10 000) werden heute noch aktiv gebraucht, 2000 Wörter beruhen auf Beispielen aus der Literatur.

Wichtig für den Benutzer des Wörterbuchs: Geschichte und Ethymologie der Begriffe sind dargestellt sowie deren verschiedenen Bedeutungsebenen. So bedeutet „fùra“ eine große Menge, oder einen Gütertransport oder aber eine Fahrt mit einem Lkw und kommt vom deutschen „Fuhre“.

Die tschechische Umgangssprache, besonders aber der Jargon der sogenannten Unterwelt – so die Autoren – weckte seit dem 19. Jahrhundert das Interesse der Sprachwissenschaftler. So gab Antonín Jaromír Puchmajer schon 1821 ein Lehrbuch der Sprache der Roma heraus („Romani Èib“), dem er ein Wörterbuch unter dem Originaltitel „Hantýrka oder die Èechische Diebessprache“ anschloss.

Mehr als 100 Jahre später, 1926 erschien das erste umfangreichere Wörterbuch „Zum Wortschatz des tschechischen Rotwelsch“ mit 2900 Schlagwörtern des an der Karlsuniversität arbeitenden deutschen Slawisten Eugen Rippl. 1937 lag dann Rippls erster Teil eines breit angelegten Wörterbuchs „Tschechisch im Alltag“ vor, dessen komplette Herausgabe aber in den Folgejahren scheiterte. In der Zeit der deutschen Okkupation bestand daran kein Interesse. Der Sprachwissenschaftler Rippl selbst kam unter tragischen Umständen am 10. Mai 1945 in Prag um.

In den Jahren sozialistischer Kulturpolitik von 1948 bis 1989 waren die Umgangssprache und das tschechische „Rotwelsch“ verpönt. Trotzdem beschäftigten sich tschechische Sprachwissenschaftler mit diesem Phänomen. Genannt sei wenigstens Jaroslav Hubáèek und dessen „O èeských slanzích“ („Über tschechische Slangs“), das 1979 erschien und, so die Autoren des vorliegenden Wörterbuchs, „zu seiner Zeit die einzige erhältliche Publikation über umgangssprachliche Ausdrucksweisen“ war.
Seit der Wende von 1989 sind mehrere Wörterbücher erschienen, die Autoren nennen unter anderem das populäre „Šmírbuch jazyka èeského“ („Schmierbuch der tschechischen Sprache“) von Patrik Ouøedník, das schon 1988 in Paris erschien, wo der Autor seit 1985 lebt. In Tschechien erfuhr es inzwischen drei Neuauflagen, zuletzt 2005 im Verlag Paseka.

Das nun vorliegende und vom Umfang her einzigartige Wörterbuch der tschechischen Umgangssprache beruht auf der Koordination eines vielköpfigen Autorenteams. Vier Herausgeber (Jan Hugo, Markéta Fidlerová, Kateøina Adámková und Zdeòka Juránková) führten die Detailarbeit von zwölf Mitarbeitern, 21 Konsultanten, 14 weiteren Helfern sowie Mitarbeitern der Polizei, die Informationen zum aktuellen Slang der Kriminellen beisteuerten, zusammen.

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